Manchmal ist mir einfach nicht danach, da möchte ich ein schönes Menü auch mal ohne Weinbegleitung genießen. Und damit bin ich nicht allein. Es mag unterschiedliche Gründe haben, weswegen man dankend abwinkt, wenn die Weinbegleitung angeboten wird. Es ist vielleicht gerade Mittag und man möchte den Rest des Tages noch etwas erledigen, wozu man seine volle Konzentration braucht, man darf es nicht aus gesundheitlichen oder religiösen Gründen. Wer einen Babybauch hat, der hat zumindest die allerbeste Ausrede. Aber darum geht es überhaupt nicht. Wir sollten uns keine Gedanken darüber machen müssen, wenn wir uns für oder gegen eine Weinbegleitung entscheiden. Wer nicht unbedingt Wasser oder eine Schorle trinken will, dem wird anstelle eines spannenden Pairings in den meisten Fällen nicht viel geboten und landet schnell beim Angebot für kleine Kinder. Etwa ein Softdrink zu einem 6-Gang-Sterne-Menü?
Ich wurde hellhörig als ein Freund mir nach einem Besuch eines neuen Restaurants vorschwärmte, dass die nicht-alkoholische Begleitung des Menüs, für welche sich seine Freundin entschieden hatte, noch viel aufregender gewesen sei, als seine Weinbegleitung. Selbstgemachter Kombucha mit saisonalen Früchten und Gemüsen, Milchgetränke, die dem türkischen Ayran ähnelten, Tee und ausgewählte Saftkompositionen.
Es liegt nahe, dass gerade die Sternegastronomie, sich diesem Thema weitaus aufgeschlossener zeigt, als das Gros der meisten Restaurants. Hier wurde schon immer experimentiert, es wurden ungewöhnliche Zutaten verarbeitet, die Molekularküche hat hier ihren Ursprung, es war schlicht überlebenswichtig für die innovative Kochkunst, sich mit Neuem auseinanderzusetzen.
In manchen Regionen der Welt waren sie sogar dazu gezwungen.
Kreative Sterneküche
Vor drei Wochen reiste ich für einige Tage nach Dubai, wo ich das neue Restaurant von Tim Raue besuchte. Das Dragonfly. Den meisten ist es durchaus bewusst, dass eine Reise in ein arabisches Land mit Einschränkungen, was den Genuss von Alkohol verbunden ist. Das Dragonfly musste also erfinderisch werden, denn eine Alkohollizenz war nicht zu bekommen. Und so kreierte man die Jines. Ein Kunstwort aus Juice und Vine.„Ein Getränk wird wie ein Gericht aufgebaut“, erklärt der Küchenchef. „Cucumber“ zum Beispiel. Hier wird Gurkensaft mit Bleichsellerie und japanischer Yuzu komponiert. Rhabarbersaft wird mit Rose und Pfeffer gemischt, was eine sehr anregende Kreation ergibt. 14 verschiedene Jines sind so entstanden.
Am allerbesten schmeckte mir der „Whisky“, den es zum Abschluss des Menüs gab. Auf der Basis von schwarzem Tee mit Apfel-Quittensaft und Malzsirup, kommen hier Chips von der japanischen Eiche zum Einsatz, die den torfigen Geschmack bringen. Ein Hauch von Mandarinenschale rundet das Erlebnis ab.Doch auch andere sind hier sehr experimentierfreudig.
Sebastian Frank aus dem Horváth in Berlin serviert zu einem Salat aus Bittersalaten eine Milch aus Petersilienwurzeln, Estragon und Meersalz. Gebratene Kalbsleber pariert er mit einem Tomatensaft mit Gulaschgewürzen und Röstgemüseöl, zu Wild bietet er einen Saft vom Radicchio mit Holunderblütenöl und Muskat. Auch eine Molke mit Leindotteröl, Meerrettich und Honig ist im Programm.
Shrubs & aromatisiertes Wasser
Mit Shrub wird ein Getränk bezeichnet, das aus Früchten, Essig und Zucker besteht. Essig ist eine der ältesten Konservierungsmethoden und ein wenig ist der Trinkessig aus unserem Sichtfeld verschwunden, wobei er im englischsprachigen Raum schon seit jeher einen höheren Stellenwert genossen hatte. Ein Shrub ist nicht so süß wie eine Limonade und bietet einen großen Spielraum für mehrdimensionale Geschmackserlebnisse. Spitze, frische Säure mit harmonischem Gegenspieler für die Süße und Aromen von Früchten, Kräutern und sogar Gemüsen. Das selbst herzustellen ist ganz einfach. Alles was man dazu braucht sind reife, idealerweise sogar überreife Früchte, Zucker und Essig. Wer es schnell haben will kocht einfach alles zusammen auf und lässt es dann auskühlen. Intensiver ist jedoch der kalte Ansatz. Die Früchte werden zerdrückt und gezuckert, Kräuter werden dazugegeben und man lässt den Zucker einfach sanft das Aroma rausziehen. Das dauert etwa einen Tag und man wird mit herrlich aromatischem Sirup belohnt, der dann mit mildem Apfelessig gemischt wird.
Was kombiniere ich also wozu?
Gebratenes Geflügel /Krustentiere - Quittensaft mit Thymian
Teriyaki Ente - aromatisiertes Wasser mit Birne, Pflaume, Trauben und Ingwer
cremiger Ziegenkäse Grüner - Tee mit geröstetem Reis (Genmaicha)
Parmesankäse - Jasmintee
asiatische Sommergerichte - Kokoswasser mit Ananas und Minze
scharfes Curry - aromatisiertes Wasser mit Thai-Basilikum, Galgant und Ananas
bayerische Schweinshaxe - Trinkessig mit Wermut
Barbecue - Tomaten-Jalapeno Shrub
Chili con carne - Kombucha mit Hibiskus
Rezept für einen Birnen-Zitronenmelisse Shrub
4 reife Birnen
80 g frischer geriebener Ingwer
2 Stängel Zitronenmelisse
200 g Zucker
220 ml Apfelessig
Ahornsirup zum Verfeinern und stilles Wasser zum Auffüllen
Die Birnen schälen, das Kerngehäuse entfernen und in kleine Stücke schneiden. Mit einer Gabel zerdrücken. Mit dem Ingwer und den Zitronenmelisseblättern in einer Schüssel vermischen. Den Zucker dazugeben. Abdecken und einen Tag ziehen lassen.
Der Zucker zieht nun den Saft aus den Birnen und dem Ingwer. Ab und zu umrühren, damit der Zucker sich gut auflöst.
Die Mischung am nächsten Tag durch einen Sieb gießen. Den so entstandenen Birnensirup mit dem Apfelessig mischen und in ein dicht verschließbares Einmachglas geben. Kräftig schütteln. Eine Woche im Kühlschrank ziehen lassen.
Vor dem Servieren mit einem Teelöffel Ahornsirup (alternativ Birnendicksaft oder Agavensirup) nach Geschmack süßen und mit stillem Wasser strecken.